Der H-Stall als der perfekte Kälberstall?

Lisa Köhler, Tierärztin und Landwirtin aus Reuters bei Lauterbach in Hessen hat ihren Traum vom Kälberstall erfüllt. Mit viel Herzblut haben sie und ihr Mann Johannes nach dem Vorbild aus Wisconsin hier in Deutschland den ersten „H-Stall“ realisiert.

Lisa Köhler, Tierärztin und Landwirtin aus Reuters bei Lauterbach in Hessen hat ihren Traum vom Kälberstall erfüllt. Mit viel Herzblut haben sie und ihr Mann Johannes nach dem Vorbild aus Wisconsin hier in Deutschland den ersten „H-Stall“ realisiert.

Gepostet von in Kälberaufzucht, Kälbergesundheit am 11. Oktober 2023
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Der H-Stall als der perfekte Kälberstall?

Lisa Köhler, Tierärztin und Landwirtin aus Reuters bei Lauterbach in Hessen hat ihren Traum vom Kälberstall erfüllt. Mit viel Herzblut haben sie und ihr Mann Johannes nach dem Vorbild aus Wisconsin hier in Deutschland den ersten „H-Stall“ realisiert.

Der Name kommt von der Grundrissform des Stalles, der einem „H“ entspricht. Erfinder dieses besonderen Konzeptes ist Landwirt Pete Kappelman aus Greenbay, Nord-West-Wisconsin. Pete bewirtschaftet mit seinen Kindern einen 450er Kuhbetrieb mit einer imposanten Durchschnittsleistung von 15500 kg. Über 10 Jahre lang machte er sich Gedanken für einen perfekten Kälberstall. Er belegte Kurse über Lüftung und Kälberverhalten, entwickelte daraus das H-Stall-Konzept, das die Köhlers in etwas kleinerem Maßstab nun erstmals bei uns umgesetzt haben.

Über einen zentralen Bewirtschaftungs- und Versorgungsraum gelangt man zu den 4 einzelnen Stallabteilen. Das garantiert nicht nur kurze Wege, sondern ist auch aus hygienischer Sicht sehr positiv zu bewerten. Die Abteile werden komplett mit Stroh eingestreut und jedes Kalb hat bis zu 8qm Platz zur Verfügung. Auffallend hell sind die Abteile, weil sie relativ hoch sind (bis zu 4,50 m an der Traufe) und von drei Seiten viel Licht aber auch Frischluft einfallen kann. Während an den beiden Längsseiten Curtains das Klima und den Lichteinfall regeln, ist jeweils ein Curtain-Rolltor an der Stirnseite angebracht, über das auch das Einstreuen und Misten erfolgt. Ein weiteres Kennzeichen des H-Stalles ist auch die Überdruck-Belüftung mittels Schläuchen. An der nördlichen Stirnseite sitzen auf 3,60 m Höhe zwei Ventilatoren, die berechnet und gezielt Frischluft einbringen, ohne jedoch Zugluft zu verursachen. Damit lassen sich bis zu 6 komplette Luftwechsel pro Stunde realisieren.

Die Kälber kommen mit 3 Tagen in den Stall und saugen am Tränkeautomat bis zum 84 Tag, ehe sie abgesetzt werden. Eingestreut wird einmal die Woche. Gemistet wird nur einmal am Ende nach dem Ausstallen. Das reduziert den Arbeitsaufwand erheblich.

Köhlers erzielen bei den Kälbern Tageszunahmen von fast 1100 g im Schnitt. Seit Anfang 2023 haben sie mehr als 80 Kälber in dem Stall aufgezogen und kein einziges Kalb musste während dessen behandelt werden. Durchfall ist seitdem ebenfalls ein Fremdwort. Als einzige Vorbeugemaßnahme bekommen die Kälber in der ersten Lebenswoche eine intranasale Grippeschutzimpfung. Lisa erzählt nicht voller Stolz, dass der Stall und die Kälber so „richtig, richtig gut funktionieren.

Die Kälber rennen sehr oft im Stall herum, spielen und springen nach Herzenslust ohne auch nur einmal zu husten. Als Beobachter geht einem dabei das Herz auf. Dabei sind die Kälber sehr gut proportioniert, sehr sauber und ihr Fell glänzt wie eine „Fettschwarte“.

Während ihr Mann am Anfang eher skeptisch war, weil der H-Stall trotz viel Eigenleistung im Vergleich zu anderen Systemen etwa 20% teurer ist, war sie von Anfang an von der Idee überzeugt und der Erfolg gibt ihr gerade mehr als recht.

Sie würde jederzeit wieder diese Stallform so realisieren, lediglich den Zugang im Stallabteil in die Strohgruppe würde sie im Gegensatz zum Vorbild aus den USA am Rolltor gleich nach dem Eingang positionieren, da der Weg gerade beim Anlernen der jüngeren Kälber an die Saugstelle aktuell etwas länger ist. Der Kälbertränkautomat ist ebenfalls ein unverzichtbares Kennzeichen für den H-Stall, der bei minimalem Arbeitsaufwand nicht nur hohe, sondern auch zwischen den Kälbern sehr gleichmäßige Tageszunahmen ermöglicht. Der dreifachen, jungen Mutter steht beim Schwärmen über den Stall permanent das Lächeln im Gesicht, man gönnt es ihr von Herzen.

Auch mein Tierarztherz macht beim Interview und dem Anblick der Kälber dabei Sprünge bei so viel gelebtem Tierwohl und Tiergesundheit, denn sowas sieht man tatsächlich nicht jeden Tag! Und dennoch ist diese Erkenntnis nicht neu, aber so einfach wie simpel: Viel Licht, Luft, Platz und ausreichend Energie machen und halten Kälber gesund! Und garantieren sicherlich langlebige Kühe am Ende.

Euer Kälberblogger
Peter Zieger

    • Gregor Kitten
    • 11. Dezember 2023
    Antworten

    Hallo,
    Ist die Bauform nicht relativ egal, der eigentliche Grund für das gute funktionieren ist doch das üppige Platzangebot?.
    MfG Gregor Kitten

      • Peter Zieger
      • 19. Dezember 2023
      Antworten

      Hallo Herr Kitten, vielen Dank für Ihre Frage: Eine durch den H Stall gelungene Kombination aus Viel Luft, bis zu 8 qm2 Platz und viel Licht zusammen mit der automatisierten Tränke ist das Rezept für dieses außergewöhnlich gut funktionierende Konzept; bei vielen anderen Ställen ist eines oder mehrere davon oft der limitierende Faktor.
      Schöne Grüße
      Ihr
      Peter Zieger

    • Andreas Haunschmied
    • 2. Januar 2024
    Antworten

    Lieber Herr Dr. Zieger,
    gibt es dazu wo Informationsmaterial wie Pläne und Konzeptionszeichnungen? Würde mich für diese Form der Kälberaufzucht sehr interessieren.
    Viele liebe Grüße
    Andreas Haunschmied

      • Peter Zieger
      • 4. Januar 2024
      Antworten

      Hallo Herr Haunschmied, gerne!
      Bitte PN
      Auf
      Peter.zieger@foerster-technik.de

      Gruß
      Peter Zieger

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