Lungenultraschall ist einfach durchzuführen
Klingt kompliziert? Überhaupt nicht. Jeder Tierarzt hat mittlerweile ein Ultraschallgerät zur Trächtigkeitsuntersuchung und genau dieses kann man zur Diagnostik des Brustkorbs hernehmen. Einziger Unterschied: Statt Ultraschallgel nimmt man hier 70% Isopropylalkohol, um die Haut und Haare zu entfetten und einen guten Kontakt zum Schallkopf herzustellen. Die Technik ist sehr schnell zu erlernen und mittlerweile machen auch schon einige Landwirte selbst diese Diagnostik. Man kann damit mit einer über 94%igen Sicherheit Lungenentzündungen aufspüren und deren Verlauf auch kontrollieren. Wenn man geübt und das Kalb fixiert ist, dauert eine solche Untersuchung meist nicht länger als 2-3 Minuten. Es gibt bereits Tierarztpraxen, die im Rahmen regelmäßiger Bestandsbetreuung Lungenultraschall für Kälber anbieten.
Kosten/Nutzen steht außer Frage
Da die Durchführung des Ultraschalls nicht viel Zeit in Anspruch nimmt und man damit Einblicke in das „Lungeninnenleben“ der Kälber bekommt, rentiert sich eine solche Praxis in allen Fällen. Es geht nicht nur darum, Therapieversager frühzeitig aufzuspüren, sondern speziell subklinisch ablaufende Lungenentzündungen zu erkennen. Diese machen den Grossteil der Atemwegserkrankungen aus, da alleine diese mit einem Vorkommen zwischen 23 und 67% angegeben werden (Ollivett and Buczinski, 2016) und die Selbstheilung selten höher als 30% liegt. Daraus resultieren die oben genannten 20% dauerhaften Langzeitschäden. Die Kälber entwickeln sich rein optisch eher unauffällig, werden aber niemals ihr volles genetisches Potential abrufen können. Ein Schaden, der sich über mehrere Laktationen sehr schnell auf mehrere Hundert bis sogar in die Tausende Euros aufsummieren kann. Die Amerikaner hatten so kürzlich festgestellt, dass eine relativ kleine Lungenverdichtung nach einer Lungenentzündung als Kalb in der ersten Laktation bereits einen Milchverlust von 525 kg verursacht (Dunn et al., 2018). Beim Lungenultraschall kann man das genaue Ausmaß der Atemwegsschäden beziffern und sehr gezielt Therapie- und Zuchtauswahlentscheidungen treffen.
Eine weitere Studie vom letzten Dezember hat gar festgestellt, dass auch trotz schneller antibiotischer und entzündungshemmender Behandlung die Lungenverdichtungen nicht ganz zu beseitigen waren (Binversie et al., 2020). Von daher sollten wir insbesondere die heimlichen, subklinischen Lungenentzündungen ernst nehmen, damit wir ihnen entgegenwirken können.
Fragt euren Tierarzt zum Thema Lungenultraschall, er wird euch die vielfältigen Vorteile aufzeigen können. Denn wir alle wollen kerngesunde Kälber haben, die möglichst lange auf dem Betrieb bleiben und ihr ganzes genetisches Potential auch ausspielen können.
Euer Peter Zieger