Oft wird gelblicher, weicher Kot bereits als Durchfall angesehen. Dieser ist jedoch verdauungsphysiologisch als vollkommen normal einzustufen. Von der Farbe des Durchfalls auf bestimmte Erreger zu schliessen, gelingt allerdings in den wenigsten Fällen. Beobachtet ein verdächtiges Kalb, messt im Zweifel Temperatur, oder verabreicht zur Sicherheit Elektrolyte, macht gegebenenfalls einen Durchfallerreger-Schnelltest, aber seht Antibiotika immer als allerletzte Maßnahme an! Denn damit beeinträchtigt man bis auf 6 Monate hinaus das wertvolle Mikrobiom im Magen-Darm-Trakt, das wesentlich für die „Dichtigkeit” der Darmwand verantwortlich ist und einen „Leaky gut”, also einen durchlässigen Darm, verhindern hilft.
Genauso setzt bitte nicht die Milchtränke ab und stellt so die Versorgung mit Flüssigkeit und Energie sicher. In Durchfallphasen kann schnell ein lebensbedrohlicher Zustand eintreten, der zur Dehydration und Blutübersäuerung führt. Man kann davon ausgehen, dass generell bei Durchfall 10% der Körpermasse als Flüssigkeitsverluste ausgeschieden werden. Die Kälber sind zunehmend teilnahmslos und lustlos, und verweigern die Tränke. Bei leichtem Durchfall und bis zu einem Flüssigkeitsverlust von unter 5 % (entspricht bis zu 2 Liter bei 40 kg) des Körpergewichts beobachtet man sonst weiter keine Allgemeinsymptome am Kalb. Bei bis zu 3 Litern reduziert sich die Hautspannung (Hautturgor) merklich.
Kälber benötigen als täglichen Erhaltungsbedarf etwa 6-8 % ihres Körpergewichts als Flüssigkeitsmenge. Sie können aber bei akutem Durchfallgeschehen in kürzester Zeit bis zu 20% verlieren, Lebensgefahr besteht dagegen meist schon ab 12%! Eine für mehrere Sekunden stehenbleibende Hautfalte am Hals eines Kalbes zeigt sehr genau diese lebensbedrohliche Verlustmenge an. Gleichzeitig sind die Augäpfel deutlich eingesunken, ein absolutes Alarmzeichen! Es droht ein baldiges Festliegen und Verenden!
Deshalb ist sowohl bei der Vorbeuge als auch der Behandlung die entsprechende perorale Flüssigkeitszufuhr bzw. Korrektur die wichtigste Maßnahme. Elektrolyte sind dabei genauso unverzichtbar und zum Ausgleich einer Übersäuerung haben sich Natriumbikarbonat-Pillen etabliert. In sehr akuten Fällen muss der Tierarzt eine Infusion durchführen. Die Erfolge sind selbst bei Körpertemperaturen ab 35 Grad Celsius erstaunlich gut, wartet daher nicht zu lange mit dem Notruf an den Tierarzt! Eine solche Maßnahme kostet natürlich Geld, aber sie rechnet sich auf alle Fälle.
Fazit
Hygiene ist das Zauberwort schlechthin bei der Vorbeuge von Durchfall. Der zweite wichtige Garant ist die Biestmilch. Beherzige und beherrsche ich beides bei jedem Kalb, kann ich davon ausgehen, dass ich somit 90% aller möglichen Durchfallursachen von vorneherein ausgeschlossen habe. Und genau das ist das einfache wie verblüffende Erfolgsrezept von Betrieben, die Durchfall als „Fremdwort” ansehen!
Euer Peter Zieger
Sehr geehrter Herr Zieger,
ich erlaube mir, Ihnen hier über die Kommentar-Funktion eine fachliche Frage zu stellen:
Ich habe Schwierigkeiten mir den pathophysiologischen Zusammenhang zwischen Trockensubstanzgehalt der verabreichten Tränke und Durchfällen beim Kalb herzuleiten. Daher lautet die Frage, welchen Stellenwert die MAT Konzentration der Tränke im Durchfallgeschehen einnimmt? Inwiefern kann ich mit zu geringen als auch zu hohen MAT Konzentrationen Durchfälle provozieren? Spielt ferner bei schwankenden Tankmilch-Inhaltsstoffen die entsprechend schwankenden Trockensubstanzgehalte der Vollmilchtränke eine Rolle im Durchfallgeschehen?
Ich bin mit Leib und Seele Rinderpraktiker und würde mich über eine Antwort sehr freuen.
Liebe Grüße
Hannes Husheer
Können Kälber durch Saufen von kaltem Wasser (Winter) auch Durchfall bekommen?