Kälberdurchfall – Ein Naturgesetz?

Mit weitem Abstand gilt Durchfall bei Kälbern als Hauptproblem und -erkrankung gleichermaßen. In manchen Betrieben leiden bis zu 100 % der Kälber daran, vor allen Dingen in den ersten beiden Lebenswochen. Warum gibt es aber auch auf der anderen Seite Betriebe, für die Durchfall ein „Fremdwort“ ist? Was machen diese anders, oder umgekehrt, warum kämpfen wiederum andere Betriebe fast bis zur Erschöpfung mit diesem Problem? Hier meine Toptipps zur Durchfallvermeidung …

Mit weitem Abstand gilt Durchfall bei Kälbern als Hauptproblem und -erkrankung gleichermaßen. In manchen Betrieben leiden bis zu 100 % der Kälber daran, vor allen Dingen in den ersten beiden Lebenswochen. Warum gibt es aber auch auf der anderen Seite Betriebe, für die Durchfall ein „Fremdwort“ ist? Was machen diese anders, oder umgekehrt, warum kämpfen wiederum andere Betriebe fast bis zur Erschöpfung mit diesem Problem? Hier meine Toptipps zur Durchfallvermeidung …

Gepostet von in Durchfall, Kälberdurchfall, Kolostrum am 4. Juni 2020
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KÄLBERDURCHFALL –
EIN NATURGESETZ?

Mit weitem Abstand gilt Durchfall bei Kälbern als Hauptproblem und -erkrankung gleichermaßen. In manchen Betrieben leiden bis zu 100 % der Kälber daran, vor allen Dingen in den ersten beiden Lebenswochen. Warum gibt es aber auch auf der anderen Seite Betriebe, für die Durchfall ein „Fremdwort” ist? Was machen diese anders, oder umgekehrt, warum kämpfen wiederum andere Betriebe fast bis zur Erschöpfung mit diesem Problem?

Durchfälle können prinzipiell durch Infektionserreger (der Großteil!) oder nutritiv hervorgerufen werden. Mangelnde Hygiene oder unzureichende Biestmilchversorgung ebnen leider allzu oft Durchfallerregern wie Kryptosporidien, Rota-, Coronaviren oder E.coli Bakterien den Weg und sind in den allermeisten Fällen für bis zu 90% aller Durchfälle in der Tränkephase verantwortlich. Kokzidien können dann später ihrerseits meist ab 3 Monaten nochmal für meist blutige Durchfälle sorgen und damit wären die Hauptdurchfallerreger auch hinreichend aufgezählt.

Bei der Umstellung von Biestmilch auf Milchaustauscher oder Vollmilchtränke passieren hingegen die meisten fütterungsbedingten Durchfälle. Oft sind hier falsche Tränketemperaturen, Anmischfehler oder schlicht und einfach ein nicht „passender”, oft qualitativ minderwertiger Milchaustauscher die Ursache. Also alles Ursachen, die im Prinzip einfach abzustellen sind. Vermeidet am besten einen abrupten Wechsel von reiner Biestmilch auf Tränkemilch und nutzt die natürlichen Vorteile der „Transitmilch”.

Biestmilch gut – alles gut!
Eine fundamentale Bedeutung im Durchfallgeschehen fällt der Kolostralmilch zu. Betriebe, die durchwegs hohe Biestmilchqualtitäten von 24 und mehr BRIX % Einheiten (gemessen mit einem Refraktometer) erzielen, haben meistens das Durchfallgeschehen bereits fest und dauerhaft im Griff. Durch die hohen Antikörpermengen wird einerseits das Immunsystem des Kalbes aufgebaut, andererseits gelangen aber auch wertvolle Milcheiweisse in die Blutbahn des Kalbes und helfen die osmotischen Verhältnisse im Körper und den Körperzellen aufrecht zu erhalten. Das Kalb macht einen stabilen Eindruck und wenn gleichzeitig auch die Energieversorgung stimmt, dann gedeihen Kälber zusehends jeden Tag mit grosser Freude.

Oft wird gelblicher, weicher Kot bereits als Durchfall angesehen. Dieser ist jedoch verdauungsphysiologisch als vollkommen normal einzustufen. Von der Farbe des Durchfalls auf bestimmte Erreger zu schliessen, gelingt allerdings in den wenigsten Fällen. Beobachtet ein verdächtiges Kalb, messt im Zweifel Temperatur, oder verabreicht zur Sicherheit Elektrolyte, macht gegebenenfalls einen Durchfallerreger-Schnelltest, aber seht Antibiotika immer als allerletzte Maßnahme an! Denn damit beeinträchtigt man bis auf 6 Monate hinaus das wertvolle Mikrobiom im Magen-Darm-Trakt, das wesentlich für die „Dichtigkeit” der Darmwand verantwortlich ist und einen „Leaky gut”, also einen durchlässigen Darm, verhindern hilft.

Genauso setzt bitte nicht die Milchtränke ab und stellt so die Versorgung mit Flüssigkeit und Energie sicher. In Durchfallphasen kann schnell ein lebensbedrohlicher Zustand eintreten, der zur Dehydration und Blutübersäuerung führt. Man kann davon ausgehen, dass generell bei Durchfall 10% der Körpermasse als Flüssigkeitsverluste ausgeschieden werden. Die Kälber sind zunehmend teilnahmslos und lustlos, und verweigern die Tränke. Bei leichtem Durchfall und bis zu einem Flüssigkeitsverlust von unter 5 % (entspricht bis zu 2 Liter bei 40 kg) des Körpergewichts beobachtet man sonst weiter keine Allgemeinsymptome am Kalb. Bei bis zu 3 Litern reduziert sich die Hautspannung (Hautturgor) merklich.

Kälber benötigen als täglichen Erhaltungsbedarf etwa 6-8 % ihres Körpergewichts als Flüssigkeitsmenge. Sie können aber bei akutem Durchfallgeschehen in kürzester Zeit bis zu 20% verlieren, Lebensgefahr besteht dagegen meist schon ab 12%! Eine für mehrere Sekunden stehenbleibende Hautfalte am Hals eines Kalbes zeigt sehr genau diese lebensbedrohliche Verlustmenge an. Gleichzeitig sind die Augäpfel deutlich eingesunken, ein absolutes Alarmzeichen! Es droht ein baldiges Festliegen und Verenden!

Deshalb ist sowohl bei der Vorbeuge als auch der Behandlung die entsprechende perorale Flüssigkeitszufuhr bzw. Korrektur die wichtigste Maßnahme. Elektrolyte sind dabei genauso unverzichtbar und zum Ausgleich einer Übersäuerung haben sich Natriumbikarbonat-Pillen etabliert. In sehr akuten Fällen muss der Tierarzt eine Infusion durchführen. Die Erfolge sind selbst bei Körpertemperaturen ab 35 Grad Celsius erstaunlich gut, wartet daher nicht zu lange mit dem Notruf an den Tierarzt! Eine solche Maßnahme kostet natürlich Geld, aber sie rechnet sich auf alle Fälle.

Fazit
Hygiene ist das Zauberwort schlechthin bei der Vorbeuge von Durchfall. Der zweite wichtige Garant ist die Biestmilch. Beherzige und beherrsche ich beides bei jedem Kalb, kann ich davon ausgehen, dass ich somit 90% aller möglichen Durchfallursachen von vorneherein ausgeschlossen habe. Und genau das ist das einfache wie verblüffende Erfolgsrezept von Betrieben, die Durchfall als „Fremdwort” ansehen!

Euer Peter Zieger

    • Johannes Husheer
    • 1. April 2021
    Antworten

    Sehr geehrter Herr Zieger,

    ich erlaube mir, Ihnen hier über die Kommentar-Funktion eine fachliche Frage zu stellen:
    Ich habe Schwierigkeiten mir den pathophysiologischen Zusammenhang zwischen Trockensubstanzgehalt der verabreichten Tränke und Durchfällen beim Kalb herzuleiten. Daher lautet die Frage, welchen Stellenwert die MAT Konzentration der Tränke im Durchfallgeschehen einnimmt? Inwiefern kann ich mit zu geringen als auch zu hohen MAT Konzentrationen Durchfälle provozieren? Spielt ferner bei schwankenden Tankmilch-Inhaltsstoffen die entsprechend schwankenden Trockensubstanzgehalte der Vollmilchtränke eine Rolle im Durchfallgeschehen?
    Ich bin mit Leib und Seele Rinderpraktiker und würde mich über eine Antwort sehr freuen.

    Liebe Grüße
    Hannes Husheer

    • Katrin Hoffmann
    • 11. Februar 2023
    Antworten

    Können Kälber durch Saufen von kaltem Wasser (Winter) auch Durchfall bekommen?

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