Kryptosporidien zählen zu den hartnäckigsten Durchfallerregern bei Kälbern – und bislang gab es keinen wirksamen Schutz. Doch jetzt bringt eine neue Muttertierimpfung Hoffnung. Was Studien zeigen, wie sich die Kälbergesundheit verbessern lässt und warum Kolostrum der Schlüssel ist – erfährst du im aktuellen Kälberblogger!

Kryptosporidien Durchfälle: Kehrtwende in Sicht?
Neben Rotaviren gelten insbesondere die parasitären Einzeller des Typs „Kryptosporidium“ als häufigste Erreger infektiöser Frühdurchfälle bei Kälbern in den ersten drei Lebenswochen. Ihr Vorkommen wird in der Literatur mit bis zu 38% angegeben. Während gegen E.coli Bakterien, Rota- und Coronaviren bislang auch eine Muttertierimpfung erstaunliche Erfolge verzeichnen konnte, gab es bislang keinen wirksamen Impfstoff gegen Kryptosporidien, der vor einer Infektion sicher schützen konnte.
Seit letztem Jahr jedoch ist es Wissenschaftlern von MSD Tiergesundheit in mehr als 20 Jahren Entwicklungsarbeit gelungen, auch gegen diesen Parasiten eine Muttertierimpfung zu realisieren. Während in Deutschland bislang nur vereinzelt Rückmeldungen aus der Praxis bestehen, hat eine französische Studie (Bourel et al., 2025) mehr Informationen und Feedbacks dazu sammeln können.
In 10 Betrieben (6 Milchviehbetriebe und 4 Mutterkuhbetriebe) konnte die Qualität der Kolostrummilch sowie die Gesundheit der Kälber nachvollzogen werden. Dabei zeigte es sich, dass sich sowohl die Sterblichkeits- wie Krankheitsrate signifikant verringern ließ (p=0,2 bzw. p<0,001). In jedem der 10 Betriebe zeigte sich eine Reduktion der behandlungswürdigen Durchfälle. Auch die Mortalitätsraten gingen deutlich zurück. Nur ein Betrieb konnte keine Besserung erkennen.
Damit kann man postulieren, dass sich in über 90% der Fälle eine deutliche Verbesserung hinsichtlich der Kälbergesundheit erzielen lässt. Denke, ein solches erstes Feedback klingt recht ermutigend. Die Landwirte wurden auch selbst nach ihren Eindrücken gefragt. Auf einer Skala von 1 (nicht zufrieden) bis 4 (sehr zufrieden) sollten sie ihre Meinung äußern. Dabei wurde im Schnitt ein 3.4 erreicht.
Neben der Impfung gibt es aber eine ganze Reihe von anderen wirksamen Maßnahmen, Kryptosporidien auf Dauer Herr zu werden. Die meisten und erfolgsversprechenden Ansätze setzen genauso wie die Impfung auf einer Verbesserung der Kolostrumqualität. Diese lässt leider nach wie vor in Deutschland immer noch zu wünschen übrig, da rund ein Drittel der Kälber durch Immunglobuline unzureichend versorgt und geschützt sind. Dies hat eben erst auch eine Studie von MSD (Stemme, 2025) gezeigt. Würden wir hier den Durchbruch erzielen, nämlich mehr und länger Kolostrum zu verabreichen und damit die Lücke weiter zu schließen, hätten wir den größten Schritt hin zu einer Kontrolle der Kryptsporidiose gemacht. Die Parasiten nutzen nämlich eine lokale Abwehrschwäche der Schleimhaut und des Darmepithels gnadenlos aus. Dabei geht es nicht um eine „Nullösung“! – denn dazu sind die parasitären Einzeller wahre Überlebenskünstler: Sie überstehen 100°C heißen Wasserdampf und viele gängigen Desinfektionsmittel. Lediglich UV-Strahlen im Sommer und spezielle Biozide auf Chlorkresol-Basis helfen den Keimdruck merklich zu reduzieren. Denn dieser ist immens: In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass Kotproben aus 60 sächsischen Großbetrieben in den ersten drei Lebenswochen ein Vorkommen von 92% Kryptosporidien abbildeten (Steinhöfel et al., 2018). In einer anderen Studie bei 120 Kälbern, bei denen in den ersten 63 Lebenstagen jeweils 15 Kotproben gezogen wurden, fand man bei 88% der Kälber diese gefürchteten Parasiten (Velez et al., 2019). Anscheinend machen geringe Mengen dieser Erreger keine großen klinischen Schäden und halten wahrscheinlich sogar eine gewisse Immunität aufrecht. Wie bei jedem Gift, macht die Dosis die tödliche Wirkung: Schafft es eine Kryptosporidie, sich in eine Darmepithel-Wirtszelle einzunisten und sich zu vermehren, gelangen auf einen Schlag über 10.000 neue infektiöse Stadien in den Darm und damit in die Umwelt und warten darauf, von naiven Kälbern aufgenommen zu werden. Das erklärt die in der Praxis oft beschriebene Zunahme des sprichwörtlichen Infektionsdrucks.
Neben der Biestmilchverabreichung ist aber auch die Tränkemenge ein weiterer wichtiger Garant zur Abwehr von Kryptosporidien. Kälber sollten, wie in der Natur, gleich vom Start weg, tägliche Steigerungen der Tränkemengen und Gewichtszunahmen erzielen. Dem gegenüber steht leider oft die Angst vor Durchfall und man bremst die Kälber „regelrecht“ aus. Eine neue Studie der TU München zeigte kürzlich aber, dass Kälber auch in den ersten beiden Lebenswochen Tageszunahmen von mehr als 1,3 kg erzielen können (Steinhoff-Wagner, 2025).
Zu antiparasitären Wirkstoffen wie dem Wirkstoff Halofuginon sollte nur im akuten Einzelfall gegriffen werden. Der Wirkstoff greift zu sehr ins Allgemeinbefinden der Kälber ein, reduziert unter Umständen drastisch die Tageszunahmen und führt sogar dazu, dass die betroffenen Kälber mehr Erreger ab dem 16. Lebenstag ausscheiden, als unbehandelte Kontrollkälber (Velez et al., 2019). Antibiotische Wirkstoffe wie das Amminoglykosid Paraomycin weisen dagegen nicht diese drastischen Nebenwirkungen auf, sollten aber ebenfalls nur im Notfall und nicht als „Blanket“ -Therapie zum Einsatz kommen. Ein breiter Einsatz von Antibiotika hat bei Kälbern später negative Folgen für die Produktivität, wie kürzlich gleich mehrere Studien zeigen konnten.
Immer populärer werden dagegen Supplemente aus dem Futtermittelbereich, die in der Lage sind, den Darm zu stabilisieren, Entzündungen zu reduzieren oder die Schleimproduktion der Darmzellen anzuregen. In diese Gruppen fallen z.B. Hefekulturen, Gerbstoffe, Tannine oder ätherische Öle wie Oregano oder Thymian.
Fazit
In der Bekämpfung der kryptosporidiose-bedingten Durchfälle zeichnen sich nun erstmalig auf breiter Ebene gewisse Erfolge ab. Eine neue Muttertierimpfung verbessert die Biestmilchqualität entscheidend, zeigt aber auch gleichzeitig die immer noch bestehende Sicherheitslücke in Deutschlands Kolostrum-Management auf: Ein Drittel der Kälber ist nicht ausreichend geschützt und dies entspricht oft genau dem Anteil der Kälber, die Durchfälle bekommen. Deshalb hat es prinzipiell jeder Betrieb in der eigenen Hand, diesen hartnäckigen Erregern erfolgreich die Stirn zu bieten! Es ist nicht die Einzelmaßnahme, die langfristig zum Erfolg führt, sondern die Konsequenz bei der Umsetzung oft vieler kleiner Bausteine wie top Hygiene, stressfreie Haltung, rechtzeitige und verbesserte Kolostrum-Versorgung und artgerechte Fütterung unserer sehr empfindlichen frischgeborenen Kälber. Es ist machbar, packen wir es an!
Euer Kälberblogger