Abtränken mittels Algorithmen: An der Uni in Guelph (Kanada) werden Kälber individuell nach ihrem Tagesbedarf an Milchtränke und Festfutteraufnahme entwöhnt. Dadurch erleiden sie keinen einzigen Tag einer negativen Energiebilanz und wachsen ungehindert weiter.
abtränken neu bewertet - lebenslanger einfluss!
Die herausragende Bedeutung von Biestmilch in den ersten Lebensstunden und der metabolischen Programmierung während der ersten 4-5 Lebenswochen ist unstrittig. Viele Landwirte haben das erkannt und die Einsatzleistungen ihrer Färsen damit auf ein neues, nie dagewesenes Niveau gehoben. Das unterstreicht eindrucksvoll das Potential, das in der Kälberaufzucht immer noch schlummert. Neuere Studien zeigen nun zusätzlich, dass auch dem Abtränken eine weitreichende Bedeutung zukommt. Während man jahrzehntelang ein sehr abruptes Entwöhnen über 1 oder 2 Wochen praktizierte, kommen aktuelle Untersuchungen zum Schluss, dass ein sehr langsames und schonendes Entwöhnen unter Umständen lebenslange positive Effekte nach sich zieht. So stellten deutsche Wissenschaftler der Uni Hohenheim und des Friedrich-Löffler-Instituts (Schwarzkopf et al., 2019) fest, dass eine 17wöchige Tränkedauer im Gegensatz zu einer kurzen Tränkedauer von nur 7 Wochen den Hormonhaushalt im Hinblick auf eine spätere Laktation günstig beeinflussen kann. Die später abgesetzten Kälber hatten im Blut stabilere Glukose- und Insulinspiegel sowie durchgängig höhere Leptinwerte. Und letztere sogar bis zum Ende der Studie. Speziell dem Leptin wird eine überragende Bedeutung im Abwehrsystem und dem Fettstoffwechsel zugeschrieben. So überraschte es die Forscher auch nicht besonders, dass speziell die spät mit 17 Wochen abgetränkten Kälber in ihrer Erstlaktation keinerlei Stoffwechselstörungen aufwiesen. Die ehemals dagegen frühabgesetzten Kälber zeigten in den ersten 4 Laktationswochen eine 40%ige Inzidenz von klinischen und subklinischen Ketosen auf. Die Milchleistung zwischen den beiden Gruppen unterschied sich nicht signifikant.
Die spät abgetränkten starteten verhaltener in ihre erste Laktation und hielten länger durch als die ehemals früh abgetränkten Kälber (Frahm et al., 2023).
Amerikanische und kanadische Forscher haben zudem nun festgestellt, dass durch die bisherige Praxis des abrupten Absetzens wahrscheinlich eine negative metabolische Programmierung stattfindet. Das heißt, dass die Kälber durch das bislang praktizierte Abtränkeverfahren unter Umständen bis zu 10 Wochen lang einer negativen Energiebilanz ausgesetzt waren. Das hat eine nachteilige epigenetische Prägung zur Folge.
Die Wissenschaftler propagieren in diesem Zusammenhang das kraftfuttergesteuerte Abtränken als daös Mittel der Wahl beim Abtränken. Hier wird mit Hilfe der automatisierten Tränke- und Festfutterverabreichung jedes Kalb individuell, in Abhängigkeit von der Kraftfutteraufnahme abgetränkt.
Dadurch wird vermieden, dass die Kälber einerseits in eine Pansen- oder Dickdarmazidose rutschen können und andererseits sichergestellt, dass die Kälber in keine negative Energiebilanz rutschen. Der Übergang von der Milch- in die Festfutterphase gelingt so fließend und stressfrei wie es sich die Mutter Natur vorgestellt hat. Jedes Kalb entwickelt sich unterschiedlich schnell. Während das eine Kalb schon früher anfängt Kälber-TMR zu fressen, braucht ein anderes dagegen noch 1-2 Wochen länger und deckt seinen Energie- und Nährstoffbedarf noch überwiegend weiterhin aus Milchtränke. Die Wissenschaftler sehen potentiell höhere Tageszunahmen der Kälber und Jungrinder sowie höhere Milchleistung von bis zu 1000 kg pro Laktation, eine verbesserten Konzeptionsrate und einem rund 2-4 Wochen früheren Erstkalbealter (Britt, 2023).
### Ich würde Kalb- und Kuhdaten besser voneinander trennen.
EKA kann nicht verkürzt sein. Das würde eine Dauer voraussetzen. Wir reden aber von einem Zeitpunkt. Daher „früher“.
Euer Kälberblogger
Peter Zieger
Sehr geehrter Herr Dr. Zieger,
könnten Sie mir die Literatur der erwähnten Kälberversuche von Guelph oder auch von Schwarzkopf (2019) zukommen lassen. Mit google-Suche wird man nicht wirklich fündig.
Herzlichen Dank.
DI Franz Tiefenthaller, Landwirtschaftskammer OÖ.
Hallo Herr Tiefenthaler
Gerne!
Per P.N. An Peter.zieger@foerster-technik.de
Danke!
Gruß
Peter Zieger